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Marktmacht-Debatte beim BDL-Junglandwirtekongress

 

(BDL) „Solange die Erzeugung von beispielsweise Milch mehr kostet, als sie einbringt, weil eine Handvoll Handelsunternehmen den Molkereien und Milchbauern ihre Preise diktiert, ist eine Schieflage erreicht, die weder den Landwirt­en noch der Gesellschaft gut tut“, stellt Henrik Schweder gleich zu Beginn des Junglandwirtekongresses auf der Grünen Woche klar. Der stellvertretende Vorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend (BDL) ist kein Schwarzmaler. Doch wie die knapp 200 jungen Gäste sieht er in der zunehmenden Marktkonzentration - vier Unternehmen verkaufen rund 85 Prozent der Lebensmittel in Deutschland, Tendenz steigend - eine wachsende Gefahr für die deutsche Landwirtschaft.
 
Mit „Marktmacht teilen“ haben BDL und Deutscher Bauernverband (DBV) bei der gemeinsamen Veranstaltung den Blick auf ein Problem gelenkt, das sich durch die Übernahme von Kaisers Tengelmann durch Edeka weiter verschärft. Dafür hatten sie sich am 16. Januar Vertreter aus Genossenschaft, Politik und junger Landwirtschaft eingeladen, um Fragen wie „Ist die Marktmacht zu groß? Sind Einzelunternehmen besser als Genossenschaften? Was lässt sich vom Einzelhandel lernen?“ zu diskutieren. Gern hätte der Berufsnachwuchs auch Vertreter des Lebensmitteleinzelhandels aufs Podium geholt, doch erhielt der BDL auf seine Anfragen nur Körbe.
 
Fakt ist, und das betonte auch der DBV-Präsident in seinem Grußwort: „Die Wertschöpfung muss bei allen Gliedern der Lebensmittelkette gleichermaßen ankommen.“ Dann sei den Landwirten auch vor einem weitgehend liberalisierten Markt nicht bange, so Joachim Rukwied. Und was die ökonomische Zukunft der Landwirte angehe, sei er trotz aktueller Tiefstpreise zuversichtlich, sagte der DBV-Präsident. Allerdings, und diese Forderung adressierte er an die Politik, „brauchen wir ein Ordnungsrecht, dass die Landwirtschaft nicht einschränkt, Risiko und Innovation ermöglicht und mehr unternehmerische Freiheit zulässt.“
 
Der BayWa-Vorsitzende Prof. Klaus Josef Lutz macht da gleich weiter. Er fordert, und das scheint angesichts des zustimmenden Gemurmels im jungen Publikum Konsens zu sein, eine ernstzunehmende deutsche Agrarexportpolitik. Die habe es bis dato nicht gegeben, so dass das börsennotierte Unternehmen mit genossenschaftlichem Hintergrund jetzt eigene Wege gehe. „Wir müssen die Internationalität weiterentwickeln, ohne unsere Wurzeln zu vergessen“, stellt der BayWa-Chef klar.
 
„Exportförderung ist kein Fremdwort für die Bundesregierung“, entgegnet der Bundestagsabgeordnete Artur Auernhammer und schränkt zugleich ein, dass seit dem Verlust der CMA (Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft) im Bereich der Landwirtschaft wenig passiert sei. Doch die Politik sei der Türöffner für deutsche Agrarprodukte und müsse da weltweit tätiger werden. Der Landwirt in ihm fügt hinzu: „Wir müssen die Märkte gemeinsam erschließen. Die kleinen Genossenschaften in Südbayern haben nicht die Strukturen, um ihre Agrarprodukte weltweit verkaufen zu können.“
 
Im politischen Umfeld gibt es jedoch viele Mitstreiter, die an der aktuellen Situation festhalten und keine Veränderung wollen. Das könnte dazu führen, dass Deutschland den Zug verpasst, wobei Auernhammer einräumt, dass es noch nicht zu spät ist, um im Weltmarkt vorne mit dabei zu sein.
 
Aber wie kann das gehen? Wer setzt sich da den Hut auf? Zwei der drängenden Fragen, die der BayWa-Chef gern beantwortet: „ Das ist nicht die Aufgabe der Politik. Die kann ermuntern und unterstützen. Da müsst ihr jungen Leute ran.“
 
Seit Jahrzehnten würden die kleinteiligen Strukturen in der Landwirtschaft beklagt und nichts ändere sich. Eine Feststellung, die Dr. Ludger Schulze Pals, top agrar Chefredakteur und Moderator des Junglandwirtekongresses auf die Frage zuspitzt, ob der Zug nicht schon abgefahren sei. Für Auernhammer eine berechtige Sorge. Gute Fachlichkeit allein reiche nicht, um sich auf dem Weltmilchmarkt durchzusetzen.
 
Anders als Professor Lutz, bleibt Junglandwirt Thomas Huschle, der in Baden-Württemberg auf nachhaltige Geschäftsbeziehungen setzt, zuversichtlich: „Landwirte suchen immer nach Lösungen, die für sie funktionieren. Entweder habe ich die Voraussetzungen, um bei der Kostenführerschaft mitmischen zu können oder man stellt sich qualitativ heraus, um einen höheren Preis zu erlangen. Wir finden Wege, auch wenn es heute nicht mehr reicht, nur die Kosten im Blick zu halten. Ohne ein ausgeprägtes Bewusstsein für strategische Vermarktung, ohne langfristige strategische Modelle für die Zukunft geht es heute nicht. Da müssen wir umdenken“, fordert er die Junglandwirte auf.
 
Und noch eins liegt für Thomas Huschle auf der Hand: „Die Mannschaft ist immer stärker als ein Einzelner. Wir müssen uns zusammen tun, gemeinsam überlegen, was für Möglichkeiten bestehen und neue Wege gehen. Dann gibt es auch einen Weg in die Zukunft.“
 
Weniger verbandlich fasst der Moderator des Junglandwirtekongresses die zweistündige Marktmacht-Diskussion auf der Grünen Woche zusammen. Dr. Schulze-Pals benennt vier Handlungsoptionen für die deutsche Landwirtschaft: Es gebe (1) noch Potenzial für die Vermarktung regionaler Lebensmittel. Der deutsche Agrarhandel müsse sich (2) noch viel globaler ausrichten. (3) Deutschland brauche eine Agrarexportpolitik, die diesen Namen auch verdient. Und: (4) Die Landwirtschaft hierzulande müsse sich strategisch viel klarer ausrichten - regional und global.
 
„Genossenschaften sind ein Erfolgsmodell, aber kein Allheilmittel“, stellt die stellv. BDL-Bundesvorsitzende Katrin Fischer in ihrem Schlusswort fest. Die Einblicke, die Professor Lutz als Vorstandsvorsitzender eines multinationalen Konzerns mit genossenschaftlichen Wurzeln, gegeben habe, zeigen, „dass wir uns nicht ausruhen dürfen, sondern mit Selbstbewusstsein und neuen Ideen unseren Markt finden müssen.“
 
Viele Grüße
Carina Gräschke

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